Erster Akt: Vor Benozzo's Osteria
ernannt wurde. Nasonis damaliger Amtssitz und seine wunderschön gelegene Villa mit Aussicht auf die Bucht wurden unlängst von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Um ein Haar würde der Titel des Werkes, das Sie heute Abend sehen werden, «Nasoni» lauten, doch hatten sich Geschehnisse ereignet, die den Gang der Geschichte in eine ganz andere Richtung lenkten. – Aber tauchen wir nun ein in die Ereignisse der ersten Julitage des Jahres 1909 und lassen die Vergangenheit Gegenwart werden:
Eines schönen Morgens, so um 7 Uhr 33, geschehen in einer Bucht bei Syracusa merkwürdige Dinge: es wird geschmuggelt! («Wihu! Hört nur hört!») Der Kneipenwirt Benozzo und sein Onkel Massaccio sind Spezialisten auf diesem Gebiet und dulden keine Konkurrenz. So haben sie einen Banditen namens Gasparone erfunden, streuen Gerüchte über dessen kriminelle Aktivitäten aus und lenken so die Polizei von Syracusa bewusst auf falsche Fährten. Signor Nasoni, der schon seit langem ein misstrauisches Auge auf die Spelunke von Benozzo geworfen hat, naht mit einer Gruppe ermüdeter Polizisten. Sie haben die ganze Nacht vergeblich nach Gasparone gesucht («Der verdammte Gasparone»). Nun verlangt es die Polizisten nach einer Erfrischung. Nasoni ist weder Benozzo noch seiner aufmüpfigen jungen Frau Sora gewogen. Er verdächtigt die ganze Familie krimineller Machenschaften! Und hat damit nicht mal Unrecht. Nasoni's eigene Weste ist trotz seines hohen Amtes nicht weiss sondern dunkelgrau! Er kann den Verlockungen eines luxuriösen Lebenswandels nicht widerstehen und befindet sich in einem Zustand permanenter Mittelknappheit. So liegt ihm sehr daran, seinen Sohn Sindulfo mit der reichen und schönen Gräfin Carlotta di Santa Croce zu verheiraten. Nach dem Ableben ihres betagten Gatten ist sie wieder zu haben. Da die Gräfin in einen unangenehmen Erbschaftsstreit mit Verwandten ihres Gatten verwickelt ist, nimmt sich Nasoni ihrer «fürsorglich» an. Dank seines politischen Einflusses kann er die juristische Auseinandersetzung zu Gunsten der Gräfin entscheiden, zweigt aber ohne deren Wissen einiges in seine eigene Tasche ab. Er hält die gute Nachricht aber noch etwas zurück. – Während also Nasoni mit seinen Polizisten beim Weisswein sitzt gibt's grossen Aufruhr: offenbar gab es im Pinienwald einen Überfall – und die Überfallene ist just die Gräfin Carlotta. Es geschieht ihr aber – ausser einem gehörigen Schrecken – nichts und etwas verwundert berichtet Carlotta von diesem mysteriösen Zwischenfall («Ein höchst romantisch Abenteuer») und einem ebenso merkwürdigen Retter – der ihr nun gefolgt ist und alle Anwesenden durch seine noble aber geheimnisvolle Aura verwirrt. Der Herr ist Carlotta auf Anhieb sehr sympathisch, während Nasoni ihm gegenüber sofort starken Widerwillen empfindet. Obwohl die Sonne scheint und der Himmel lacht geschehen weitere düstere Ereignisse. Gräfin Carlottas Gouvernante Zenobia ist ebenfalls überfallen worden und schliesslich wird Nasonis Sohn Sindulfo, den man kurz zuvor als verwöhnten, frechen Tunichtgut kennengelernt hat, entführt. Natürlich verlangt man Lösegeld! Ziemlich viel sogar! Nasoni jammert: er hat das Geld nicht, doch Carlotta zeigt sich äusserst grossherzig: («Das Geld geb ich, ich bin doch reich»).