Abschluss einer langen Bühnenkarriere
Hilda Joos, Ehrenmitglied der Musik- und Theatergesellschaft Sursee seit dem Jubiläumsjahr 2000 und Kulturpreisträgerin 2012 der Stadt Sursee, wird sich mit dieser Saison und Jacques Offenbachs LA VIE PARISIENNE von der Theaterbühne verabschieden. Da ist es nicht vermessen, vom Ende einer Ära zu sprechen.
Seit über 40 Jahren, in 34 Produktionen und weit über 1'000 Vorstellungen hat die Sopranistin und Hauptrollenträgerin Hilda Joos das Surseer Musiktheater mitgeprägt wie kaum eine andere. Und dies quer durch das sich stetig erweiternde Repertoire unserer Bühne: vom jungen, liebreizenden Mädchen – neben dem Schwarzwaldmädle Bärbele, ihrer ersten Hauptrolle, etwa: die Nené in SISSI, die Ottilie im WEISSEN RÖSSL, die Briefchristel im VOGELHÄNDLER, die Stasi in der CSÁRDÁSFÜRSTIN, die Bronislawa im BETTELSTUDENT, gar der Lehrbub Friedel in der GOLD'NEN MEISTERIN und natürlich das Annamirl im FIDELEN BAUERN; von diesen liebreizenden jungen Mädchen hin zur reifen, wissenden Frau: etwa als Wirtin Josepha Vogelhuber im WEISSEN RÖSSL, Gräfin Carlotta in GASPARONE, Kurfürstin Marie im VOGELHÄNDLER, als gold'ne Meisterin persönlich, als Gabriele in WIENER BLUT oder, von ihr so gerne verkörpert: als Csárdásfürstin Sylva Varescu und als lustige Witwe Hanna Glawari – die reife wissende Frau, welche die Szene beherrscht; welche die Bühne und das Publikum in ihren Bann zieht.
Darin zeigte die ausgebildete, aber nicht professionell als Sängerin tätig gewordene Hilda Joos ihre Professionalität: in einer Bühnenpräsenz, die jener ihrer jeweiligen Bühnenpartner, welche von Berufs wegen tätig sind, in nichts nachsteht; in ihrem Charme, mit dem sie die Bühne betritt; in ihrer Geistesgegenwart auch und gerade dann, wenn ihre Partner mal nicht ganz auf der Rolle sind; in ihrer bewundernswürdigen Konstanz und Verlässlichkeit. Wobei ich gerne gestehe, dass Hilda mir immer dann besonders gut gefiel, wenn sie etwas zeigte, das "man" nicht unbedingt von ihr erwartet hatte: etwa als Tevjes Tochter Hodel in ANATEVKA; als Yum-Yum, einer von drei japanischen Schwestern in Arthur Sullivans MIKADO; als schaumgeborene Venus in Offenbachs ORPHEUS IN DER UNTERWELT; oder als Lilli Vanessi alias Katharina in Cole Porters KISS ME KATE – weder süsses Mädel noch charmante Dame, eher all' arrabiata...!
"Es ist eine Leidenschaft", sagt Hilda Joos über das Theater und ihr Verhältnis dazu. "Das Miteinander in einem Ensemble erleben", das bewirke bei ihr noch heute das berühmte Kribbeln im Bauch. Der um unser Theater höchst verdiente, jahrzehntelange Solist und Spielleiter Anton Kirchhofer hat mit der ihm eigenen Treffsicherheit jeweils gesagt, es gebe bei uns keine Stars. Wie wahr! Doch gibt es Persönlichkeiten, die echte Stützen des Ensembles sind. Hilda Joos war während Jahrzehnten eine herausragende Stütze des Ensembles und somit jener Gemeinschaftsleistung auf und hinter der Bühne, wie sie fürs Surseer Theater typisch, aber auch lebensnotwendig ist.
Nun will Hilda Joos die aktive Bühnenpräsenz gut sein lassen. Nicht ohne ihren Abschied davon in dieser Saison bewusst zu gestalten. Und nicht ohne dem Surseer Theater, namentlich auch als Vorstandsmitglied der Musik- und Theatergesellschaft, weiter zur Verfügung zu stehen.
Respekt! Und vor allem: vielen herzlichen Dank, liebe Hilda, für deine herausragende Leistung auf der Surseer Bühne, im Namen deines zahlreichen Publikums und der ganzen Surseer Theatergemeinde.
Hans Ambühl, Ehrenpräsident der Musik- und Theatergesellschaft Sursee