Bild

Entstehungsgeschichte

Alles ist möglich!

 

Zu den Geburtshelfern des Musicals ANYTHING GOES gehören im Grunde die Weltwirtschaftskrise und ein tragisches Schiffsunglück. Zu Beginn der 1930er Jahre kam es am Broadway zu zahlreichen finanziellen Musical-Pleiten. Eine davon betraf Broadway-Produzent Vinton Freedley, der kurzerhand vor seinen Gläubigern auf die Karibikinsel Tobago flüchtete. Während seines dortigen Exils entstand die Idee zu einer neuen Broadwayshow, die eine exzentrische New Yorker Gesellschaft auf einer Schiffsreise nach England zeigen sollte.

 

Nach seiner Rückkehr aktivierte er für dieses Vorhaben die bekannten Buchautoren Guy Bolton und P. G. Wodehouse. Als Komponist engagierte er Cole Porter, der sich bereits einen Namen als erfolgreicher Songschreiber gemacht hatte. Zum Buchentwurf mit dem Titel HARD TO GET schrieb Porter mit rascher Hand eine Auswahl passender Songs. Es entstand daraus eine turbulente Geschichte an Bord eines Ozeandampfers mit zahlreichen filmreifen Verwicklungen, einer Bombendrohung, einem gestrandeten Schiff und der Rettung der Passagiere auf einer einsamen Insel.

 

Zwei Tage vor Probenbeginn geschah etwas, das die Pläne der Musicalmacher durchkreuzte: Vor der Küste New Jerseys ging ein Vergnügungsdampfer in Flammen auf und riss 137 Menschen in den Tod. Angesichts dieser Katastrophe war an eine Broadwayshow, welche die heiteren Seiten eines Schiffsunglücks zeigt, nicht mehr zu denken. Produzent Freedley beauftragte Regisseur Lindsay damit, das Buch umzuschreiben. Da die Bühnenbilder bereits fertig waren, musste die neue Geschichte zwangsläufig auf einem Luxusliner spielen. Aber auch die Fähigkeiten der bereits engagierten Protagonisten sollten berücksichtigt werden.

 

 

ANYTHING GOES

   

  

So entwickelte sich die Geschichte von dem harmlos-naiven Billy Crocker, der spontan seiner grossen Liebe Hope Harcourt nachfährt, ihre nur aus finanziellen Gründen angesetzte Hochzeit aufhalten will und dafür in zahllose Verkleidungen schlüpfen muss. Dabei blieb die Handlung des Stückes vor allem eines: Vorwand für die Aneinanderreihung musikalischer Perlen aus der Feder Cole Porters. Mit raffiniertem Aufbau und stets überraschend intelligenten Songtexten bringen sie pure Lebensfreude zum Ausdruck, mixen neueste musikalische Trends wie Jazz, Big Band-Sound und Foxtrott mit Althergebrachtem wie Vaudeville-Musik, Matrosenliedern und Märschen.

 

Vor der Premiere im November 1934 in Boston wurde das Stück noch während der laufenden Proben in Eile zu Ende geschrieben. Der Titel ANYTHING GOES soll der Legende zufolge spät nachts nach einer Probe geboren worden sein. Auf die verzweifelte Frage, wie das Finale des ersten Akts zu gestalten sei, kam die Antwort: ANYTHING GOES! ("Alles ist möglich!"). Die Broadway-Premiere zwei Wochen später war die mit Abstand glänzendste seit Beginn der Grossen Depression. Mehr als 400 Folgevorstellungen machten das Werk zu einem der grössten Musicalerfolge der 1930er Jahre und mit der von ihm ausgehenden fröhlichen Aufbruchsstimmung zu einem Symbol der Erholung von den wirtschaftlich schwierigen Zeiten. 1936 und 1956 wurde Anything Goes mit vielen Abweichungen zur Musicalversion auch verfilmt. Spätere Bühnenfassungen folgten dem von den Autoren bis zuletzt praktizierten "Alles ist möglich!" und integrierten weitere Cole-Porter-Songs aus anderen Musicals in die offene Dramaturgie.